„Nicht genug Zeit“, „kann die Kinder nicht vernachlässigen“, „brauche erst noch eine Sporthose“, „es ist doch so früh dunkel“ oder „bei hohem Gewicht soll man das ja eh nicht so häufig“. Wenn ich mich gerade im Bekanntenkreis umhöre oder wenn ich selbst überlege, bei dem aktuellen Schmuddelwetter Laufen zu gehen, dann scheinen die guten Vorsätze von Silvester nun endgültig vergessen zu sein. Scheinbar gibt es unzähligen Ausreden, warum man nicht zum Laufen kommt.
Seid doch einfach ehrlich und gebt zu, dass ihr einfach nicht durchgeknallt genug seid, um Läufer zu sein!
Dabei gibt es mehr als genug Gründe, um noch heute mit dem Laufen zu beginnen.
Laufen ist überall möglich
Ob auf den Joggingparcours der AIDA, einmal um den Block der Arbeitsstelle, im Fitnessstudio, auf einer Müllhalde (Stichwort Energieberg), in der Stadt oder auf dem Land. Eigentlich gibt es keinen Ort, an dem Laufen nicht möglich ist. Wenn man nur will!
Schuhe an und los.
Nie wieder Diäten
Wer hemmungslos schlemmen will, insbesondere Kohlenhydrate, der sollte laufen! Laufen verbraucht Unmengen an Energie und das Wiederauffüllen der Kohlenhydratspeicher nach dem Laufen wird in vielen Lehrbüchern sogar als Teil der Regeneration angesehen.
Faustregel: Mit jedem gelaufenen Kilometer verbraucht man sein Körpergewicht in Kilokalorien.
Laut verschiedener Studien liegt der Energieverbrauch im Schnitt bei 785 kcal in einer Stunde; selbst auf dem Laufband. Damit schlägt Laufen den Stepper (~690 kcal), das Rudergerät (~670 kcal) und das Fahrradergometer (~550 kcal) mit einem guten Vorsprung.
Übrigens sind zwei typische Fettverbrennungs-Mythen heute überholt:
1. Fettverbrennung beginnt NICHT erst nach 30 Minuten
Schon mal gehört, dass man 30 min laufen muss, damit die Fettverbrennung beginnt?! Ich schon mehrfach und das ist einfach nur Schwachsinn! Denn bereits ab dem ersten Meter greift der Körper auf alle Energiebereitstellungsmöglichkeiten zu. Dazu gehört auch die Fettverbrennung. Tatsächlich ändert sich aber mit der gelaufenen Zeit die Zusammensetzung der Energiegewinnung. Der Körper fährt die Fettverbrennung immer höher, so dass diese nach etwa 30 Minuten ihr Maximum erreicht; solange nicht zu schnell gelaufen wird (dazu Punkt 2).
2. Fettverbrennung funktioniert NICHT nur in der „Abnehmzone“
Jaja, der magische Herzfrequenzbereich, in dem der Körper Fett schmelzen lässt. Man nehme seinen Maximalpuls und multipliziere mit 0,6 für die untere und 0,7 für die obere Schwelle. Hat man sicherlich schon mehrfach gehört und wurde dutzendmal abgedruckt.
Ist aber Blödsinn und überholt. In der Abnehmzone verbrennt der Körper zwar den prozentuell höheren Anteil Fett als bei einem schnelleren Puls… aber bei stärkerer Belastung steigt nicht nur der Anteil der verstoffwechselten Kohlenhydrate sondern auch der Gesamtenergieverbrauch und zwar deutlich.
So kommt es, dass – trotz geringerem Prozentanteil an der Energiegewinnung – mehr Fett als bei geringerem Puls verbraucht wird. Wer sich das schwer vorstelle kann, dem sei das Buch Der Hund, der Eier legt: Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken ans Herz gelegt.
Wichtig ist jedoch, dass das Training im sogenannten aeroben Bereich stattfindet (Richtwert: <80% des Maximalspulses), denn oberhalb ist der Energiehunger des Körpers so hoch, dass dieser fast nur noch durch das Verbrennen von Kohlenhydraten schnell genug gesättigt werden kann.
Laufen ist eine besonders günstige Sportart
Auch wenn Lauf-Zeitschriften voll mit Equipment und Gadgets für Läufer sind, mehr als (einen Sport-BH und) ein Paar Laufschuhe braucht man für den Anfang nicht. Die Schuhe dann aber bitte aus dem Fachgeschäft mit Beratung. Mit einer Videoanalyse erkennt das geschulte Personal dann, ob ihr Überpronierer (den Fuß übertrieben nach innen knickend), Unterpronierer auch Supinierer genannt (den Fuß übertrieben nach außen knickend) oder Neutralläufer (kein Wegknicken des Fußes) seid und welcher Schuh sich optimal auf eure Laufeffizienz auswirkt.
Die Erstinvestition darf dann auch 60-100 € kosten (fragt ruhig direkt nach Vorjahresmodellen), dafür erspart ihr euch Knie- und Hüftschmerzen und so ein Schuh hält 800-1200 km (dann ist bei mir die Dämpfung durch).
Teuer wird es erst, wenn man sich auf Wettkämpfe vorbereitet. Dann versprechen Kompressionssocken ein schnelleres/härteres Training oder bessere Regeneration, werden magnetische Startnummernbefestigungen gekauft, damit das Lieblingsshirt nicht mehr mit Sicherheitsnadeln durchbohrt wird und Technikverliebte gönnen sich endlich eine Pulsuhr. Braucht man aber alles nicht. Zumindest nicht am Anfang!
Ein tieferer Schlaf
Empirische Erhebungen zeigen, dass regelmäßiges Lauftraining zu einem tieferen Schlaf führt, der sich auch schneller einstellt. Optimal also für denjenigen, der sich abends lange herumwälzt und morgens wie gerädert aufwacht.
Aber Vorsicht: Der Körper muss genug Zeit haben, anschließend wieder runterzufahren. Wer zu ausgiebig kurz vor dem Schlafengehen trainiert, der erreicht das Gegenteil.
Der Erkältung davon laufen
Wer läuft, der stärkt das Immunsystem. Insbesondere, wenn der Lauf nicht auf dem Laufband, sondern draußen stattfindet. Laut verschiedener medizinischer Erhebungen bildet der Körper als Reaktion auf die Impulse von Ausdauersport mehr und sogar stärkere Killerzellen, die im Körper zur Abwehr gegen Viren und Krebszellen eingesetzt werden.
Apropos Erkältung: Eine laufende Nase ist kein Grund, das Laufen aufzugeben, aber eine Verringerung des Pensums ist durchaus angebracht. Sobald Fieber (und hier zählen schon Temperaturen ab 37° C) dazukommt heißt es „Pause“ und zwar komplett! Denn unter der sportlichen Belastung können sich Viren im Körper ausbreiten, im schlimmsten Fall infizieren sie das Herz und es kommt zu einer lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung (Myokarditis).
Für mehr Energie
Kaum zu glauben, aber statt dem Nickerchen (neudeutsch Powernap) ist ein Lauf in der Mittagspause die optimale Methode, um wieder fit zu werden. Durch die sportliche Betätigung wird der Körper zu mehr Energiebereitstellung animiert. Und als würden die belebenden Wirkung von Licht und die zusätzliche Sauerstoffzufuhr nicht reichen, schüttet der Körper das Wachmach- und Wohlfühlhormon Serotonin aus; man fühlt sich zurecht belebt.
Eine Dusche oder wenigstens Deo sollte man – zum Wohle der Kollegen – aber nach dem Lauf in Anspruch nehmen.
Neue Menschen kennenlernen
Wer tagsüber am See schnatternde Walker, abends im Park die Trainingsgruppen und nachts zwischen Häuserschluchten die Urban Runner sieht, der merkt, dass Laufen gesellig ist und macht. Niemand muss alleine laufen, wenn er es nicht will.
Kennst Du noch keine oder nur wenig Läufer in deiner Gegend? Dann helfen verschiedene Lauf-Gruppen (bspw. via Facebook), über die sich einfach Mitläufer finden lassen.
Einfach mal alleine sein
Laufen ist Meditation und Ruhe. Wer ohne Musik läuft und auf seinen eigenen Atem und die Schritte hört, der findet Zeit für seine Gedanken. Dabei locken – im Gegensatz zur eigenen Wohnung – keine Ablenkungen wie das Fernsehen oder Bücher.
Die beste Möglichkeit, um mal Qualitätszeit mit sich selbst zu verbringen.
Das Erinnerungsvermögen verbessern
Unter Belastung schüttet der Körper einen regelrechten Cocktail an Hormonen aus, um dem Läufer die Kilometer zu erleichtern und dem körperlichen Stress entgegenzuwirken, unter anderem den Neurotransmitter Dopamin , der im Volksmund auch als Glückshormon bezeichnet wird.
Ein erhöhter Dopaminwert steigert aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des Gehirns. Reize können schneller verarbeitet werden und das Erinnerungsvermögen verbessert sich.
Übrigens ist Dopamin am Belohnungssystem beteiligt und verantwortlich für gesteigerter Aufmerksamkeit und Bewegungsdrang. Vielleicht einer der Gründe, warum man durchs Laufen noch mehr Lust aufs Laufen bekommt!?
High werden
Neben dem Dopamin schüttet der Körper auch Endorphine aus, also Neuromodulatoren, welche die Aktivitäten von anderen Synapsen beeinflussen. Sie gehören zur Gruppe der körpereigenen Opioide, die Schmerzsynapsen manipulieren und die Schmerzweiterleitung hemmen. Hierdurch treten, trotz Belastung durchs Laufen, weniger Schmerzen auf.
Spannend wird es, wenn der Körper mehr Dopamin und Endorphin produziert, als er zum „Aufheben“ der Anstrengung des Laufens benötigt. Dann tritt eine berauschende Wirkung ein, die den Läufer beflügelt und ihm das Gefühl gibt ewig laufen zu können. Man spricht vom Runner’s High.
Länger leben
Neue Studien zeigen, dass Läufer im Schnitt drei Jahre länger leben als Nicht-Läufer. Ein paar Jahre mehr kann man sich vielleicht nicht erkaufen, aber immerhin verdienen. Dafür muss man übrigens keinen Marathon laufen: Es reichen schon einige Minuten Laufen am Tag.
Und das sollen alle Gründe gewesen sein?
Nein, wie könnten das auch alle gewesen sein? Jeder hat einen eigenen Antrieb: Fitness, Trauerbewältigung, Stressabbau, Lust am Wettkampf und und und. Welcher ist deiner? Kommentiere doch hier, was dich antreibt zu laufen!
2 Kommentare
Ich laufe jetzt seit über einem Jahrzehnt und ich bin in dieser Zeit immer dicker geworden. Was ich damit sagen will: man braucht keine Diät zum Abnehmen, aber auch wenn man läuft (egal, wie viel und wie oft!) muss man auf seine Ernährung achten.
Moin Eddy,
das stimmt wohl! Diäten sind maximal kurzfristige „Starthilfen“, aber langfristig hilft auch nur eine ausgewogene Ernährung.