Ich war Anfang 20, als ich „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“ im Kino sah. Naja, es war wohl nicht der beste James-Bond-Film und sicher auch nicht der beste Film des Jahres… Aber ein Element faszinierte mich: Ein Unterwasser-Atemgerät, das wie Fischkiemen funktionierte. Wow! Erst Jahre später, als ich mit einer Grippe und einem James Bond Marathon zuhause lag, stellte ich fest, dass dieses Gadgets bereits von Q in dem Film „James Bond 007 – Feuerball“ vorgestellt worden war.
Eine tolle Vorstellung, die mich lange beschäftigte. Tauchen ohne schwere Flaschen auf dem Rücken wäre ein Traum.
Das fand wohl auch Georg Lucas und gab Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi in „Star Wars – Episode I“ den A99 aquata breather, der ebenfalls Sauerstoff aus dem Wasser filterte und in Miniatur-Kompressionsflaschen bereitstellte (Bilder gibt es hier).
Nur haben viele (wenn auch nicht alle) Erfindungen von Q und aus der Welt von Star Wars ein Problem. Sie funktionieren in der wahren Welt (noch) nicht – und werden es wohl auch teilweise nie.
Künstliche Kiemen – Eine Fantasie wird wahr?
Zum Start meiner Triathlon-Vorbereitung 2016 und Planung für meinen Urlaub bin ich vor einiger Zeit über dieses Crowd-Funding-Projekt gestolpert.
Ein Unterwasser-Atemgerät, das zumindest für Flachwassertauchgänge geeignet sein soll! Damit wäre dem Team hinter Triton etwas gelungen, woran selbst die Natur gescheitert ist: Einem warmblütigen Säugetier das Atmen unter Wasser zu ermöglichen. Während es Fischen vergönnt ist, erfolgreich auf Kiemen zu setzen und dabei eine nicht unerhebliche Große zu erreichen (man denke an den Walhai), müssen wasserlebende Säugetiere seit 30–40 Millionen Jahren zur Sauerstoffversorgung weiterhin auftauchen.
Warum also atmen Wale und Delphine immer noch Luft, wenn die sich doch ansonsten so drastisch an ihre neue Umgebung angepasst haben::
- Verlust des Haarkleides
- Ausbildung des Blubbers
- Umbildung der vorderen Extremitäten zu Flippern
- Neubildung von Fluke und Finne
- Entwicklung hoher Hämoglobinwerte zur besseren Sauerstoffbindung
- Organe (zeitlich begrenzt) vom Blutkreislauf isolieren
- Herzschlag gezielt verlangsamen
- u.v.m.
Kiemen oder ähnliches sind aber Fehlanzeige und der Grund ist recht einfach: Der Metabolismus von warmblütigen Säugetieren benötigt weit mehr Sauerstoff.
Unterschiedlicher Sauerstoffbedarf nach Spezies
Für einen Vergleich bediene ich mich einfach mal des erstbesten Fisches, den ich bezüglich seiner Sauerstoffaufnahme finden kann. Ich finde ihn in einem Heft über Österreichs Fischerei, in dem über die Speiseforelle zu lesen ist, dass ein 1 Kilogramm schweres Exemplar in 10 Grad warmem Wasser pro Stunde 100 Milligramm Sauerstoff verbraucht. Das ist nicht viel.
Ein Mensch hingegen benötigt etwa 425 Milliliter Sauerstoff pro Minute (siehe TU Braunschweig). Die grobe Rechnung:
- 17x atmen pro Minute
- 0,5 Liter Luftaustausch pro Zug
- 21% Sauerstoff in eingeatmeter und 16% Sauerstoff in ausgeatmeter Luft
Da ein Liter Sauerstoff ein Gewicht von 1,43 Gramm hat, wären das 607,75 Milligramm Sauerstoff pro Minute – also 36,465 Gramm pro Stunde.
Stellen wir also mal Fisch und Mensch gegenüber:
- Eine Speiseforelle von meinem Gewicht bräuchte demnach 7,2 Gramm Sauerstoff pro Stunde.
- Selbst wenn ich davon ausgehe, dass ich beim Schwimmen nur so viele Atemzüge wie im Ruhezustand benötige, benötige ich 36,465 Gramm reinen Sauerstoff pro Stunde.
Da überrascht es, dass der Triton so klein bleiben kann und (relativ betrachtet) weit weniger Raum-Volumen zur Sauerstoffversorgung eines Säugetiers benötigt, als die Kiemen eines kaltblütigen Fisches.
Wie viel Wasser müsste der Triton filtern?
Vermutlich wäre mein Physiklehrer heute sehr stolz auf mich…
Die maximale Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser ist temperaturabhängig. Bei 16° C sind 10 Milligramm Sauerstoff je Liter löslich, bei 8°C sind es 12 Milligramm und bei 4° sogar 14 Milligramm. Eine solche Sättigung trifft man auf der Erde jedoch nicht an. Dort liegt die typische Lösung bei etwa 6 Milligramm pro Liter.
Um meinen Sauerstoffvorrat unter Wasser zu decken, müsste ich also minütlich 607,75 Milligramm Sauerstoff isolieren, dazu wären
notwendig oder 6077,5 Liter pro Stunde. Und auch nur dann, wenn es zusätzlich zu einer Sauerstoff-Rückgewinnung bei der ausgeatmeten Luft oder zu einer vollständigen Absorption des eingeatmeten Sauerstoffs käme.
Um ein Gefühl für diese Wassermengen zu bekommen, kann man sich einmal Aquarienfilter oder Strömungspumpen angucken, die 1.000 Liter pro Stunde bewegen und welche Wassermengen das sind – oder vor Augen rufen, dass für solche Wassermengen fast 100 Watt notwendig sind. Oder auch überlegen, dass eine normale handelsübliche Einbau-Badewanne etwa ein Fassungsvermögen von 140 Litern hat. Oder das ein 13 Meter langer Walhai gerade einmal bis zu 6.000 Liter pro Stunde filtert.
Wenn das nicht reicht, dann sollte einem zu denken geben, dass Fische aktiv Wasser durch die Kiemen drücken, während der Triton selbst nicht einmal über eine Pumpe verfügt; der kleine Kompressor presst lediglich den gefilterten Sauerstoff in die Tanks.
Die Rechnung dahinter kann also nicht aufgehen. Die Physik steht einfach dagegen.
Gäbe es alternative Technologien?
Triton verrät nicht genau, wie der Sauerstoff aus dem Wasser extrahiert wird. Wäre es also theoretisch möglich, dass Triton gar nicht gar nicht den Sauerstoff auf dem Wasser herausfiltert, sondern auf einem anderen System basiert? Gibt es nicht weitere Technologien, um Sauerstoff aus Wasser zu extrahieren? Ja, theoretisch schon! Mit Hilfe der Wasserelektrolyse ist es möglich, Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen.
Könnte also Triton mit Wasserelektrolyse arbeiten? Nein, denn der Energiebedarf zu hoch, um dies auf so kleinem Raum zu realisieren, denn selbst moderne Wasserelektrolyse-Anlagen benötigen rund 9kWh für 1000 Liter Sauerstoff. Triton gibt an, mit einer Akkuladung Tauschgänge von 45 Minuten ermöglichen zu können zu können. Damit wäre es notwendig, 19,125 Liter Sauerstoff zu erzeugen (bei 425 Milliliter Sauerstoff pro Minute). Erneut unter der Prämisse der vollständigen Sauerstoff-Rückgewinnung aus der ausgeatmeten Luft.
Kurz überschlagen – der Akku müsste also mindestens 172,125 Wattstunden bereitstellen. Das ist mehr, als eine Motorrad-Batterie speichert! Außerdem ist unwahrscheinlich, dass ein so kleines Gerät die Effizienz moderner Industrie-Anlagen erreicht.
Fazit
Leider birgt jedes Crowd-Funding-Projekt das Risiko, dass man nie das Produkt erhält, das man unterstützt hat. Technische Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten im Team oder Mangelnde Kompetenz… die Gründe sind vielseitig. In diesem Fall lässt schlicht und einfach die Physik nicht zu, dass ein paar Nanoröhrchen, die durchs Wasser gezogen werden, genug Sauerstoff filtern. Leider! James Bond wäre also erstickt…
Was verkauft das Projekt Triton also? Eine Idee, die wohl auch nur das bleiben wird – anders gesagt: Es ist Abzocke und die Unterstützer werden nie ein funktionierendes Produkt bekommen! Denn wenn ich diese Rechnung in einer halben Stunde aufstellen kann, dann können die Projekt-Spezialisten das auch.
Bitte fallt nicht darauf rein und investiert euer Geld in etwas anderes. Sowas wie den Schwimmschnorchel Powerbreather; der ist zwar auch nicht günstig, aber günstiger als der Triton und funktioniert im Gegensatz dazu auch noch!
Nachtrag
Einige Wochen, nachdem ich den Artikel geschrieben hatte, wurde das Projekt auf Indiegogo beendet und das Projektteam stellte ihr „neues Konzept“ vor, mit dem die Sauerstoffversorgung möglich sein sollte: Die Verwendung von komprimiertem Sauerstoff in einer Miniatur-Gasflasche, die in einer der beiden „Kiemen“ verbaut ist. Auch das ist utopisch, denn auch so lässt sich nicht mal ein ernsthafter Bruchteil der benötigten 19,125 Liter Sauerstoff transportieren!
22 Kommentare
WOW… wohl ich wäre beinahe selbst drauf reingefallen.
DANKE! DANKE! DANKE!
Ist dir aufgefallen, dass die Videos geschnitten sind und keine Einstellung länger als 30 Sekunden ist?
Dankeschön für Deine Berechnungen, sehr interessant. Drum hat die Natur den Pottwalen bis heute noch keine Kiemen geschenkt…
Mal abgesehen von der gigantischen Menge an Sauerstoff, die Du uns vorgerechnet hast, ist reiner Sauerstoff für Säugetiere, inkl. Menschen toxisch. Ab 10m Tiefe (2bar Druck) ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis einen Krämpfe oder eine plötzliche Ohnmacht ins Jenseits befördern.
Die ersten Tauchpioniere wie Hans Hass haben da so ihre einschlägigen Erfahrungen gemacht.
Och Mann….. Das war für wenige Minuten zu schön um wahr zu sein…. Hab mir schon überlegt mit denn Triton zu holen und dann lese ich dein Bericht und deine Rechnung hier. 🙁 Nun du hast mir zwar gerade eine schöne Illusion in der Luft zerrissen….. Aber auch mich davor bewahrt ein Fehler zu machen.
Also Trotz Enttäuschung. DANKE!!!!!
Das ging uns allen so. Ich wollte auch, dass es wahr ist.
Ich habe zu diesem Thema übrigens gerade unglaublich viele Besucher.
Darf ich fragen, wie Du aktuell auf das Thema gekommen bist?
Weil du unter jedem Bericht schreibst: Hier findest du die Wahrheit… nervt mega
Ich bin froh über seinen Artikel. Ich hätte beinahe gekauft. Genervt sind wohl vor allem die Abzocker. Mach weiter so!
Moin Kai,
nur unter die Posts, die behaupten, dass es funktioniert. Mittlerweile werde ich von meinen Lesern darauf aufmerksam gemacht!
Ich ärgere mich eben, wenn jemand einen sechs-stelligen Betrag von Unterstützern einsammelt, obwohl er weiß, dass ein solches Produkt unmöglich ist. Ausserdem schadet es dem Ruf der Crowdfunding-Projekte insgesamt.
Erst mal alles als Betrug hinstellen und andere sollen es glauben.
Das Ding braucht zum Beispiel keine Pumpe da du das Wasser ansaugst, nur mal nebenbei.
Härt doch auf mit euren Theorien wenn Ihr keine Wissenschaftler seid.
Vor 10 Jahren haben die Leute dinge für unmöglich gehalten was heute Alltag ist.
Wenn ich zeit und Lust hätte würde ich dein Beitrag mit „Physik“ auseinander nehmen, denn die hälfte von dem was du geschieben hast ist müll und Technisch sogar lösbar…
Ich habe den Triton nicht pauschal als Betrug dargestellt, sondern durchgerechnet, warum es technisch heute unmöglich ist. Es ist simple Mathematik.
Dann nimm dir doch die Zeit, bevor die das unqualifiziert als „Müll“ klassifizierst
Dann saug mal bitte Luft durch einen filter , ,der so fein ist das kein wasser durchkommt….. 😀 Viel Spass !
Jetzt müsste dir gedanklich klar werden wie fein der Filter ist und das du kaum was rauskriegen wirst. Ich geh davon aus das in den Videos vom Triton links und rechts Sauerstoff Flaschen drin sind. Man sieht auch nie ein Video wo einer länger taucht. Wenn das teil wirklich funktioniert ,würde man mindestens ein 30 min Werbevideo auf YouTube finden mit einer Action Cam wo welche Tauchen. Gibts aber nicht … Also noch Utopie. Und noch eins : würde das Teil wirklich funktionieren , hätte Samsung es finanziert und kein Crowdfounding. Wäre ja naheliegend …
Danke, sehe ich auch so
🙁 Bist Du dir sicher, dass Du dich nicht berrechnet hast?
Jeder, der hier darüber diskutiert, ob solche Filter machbar sind oder nicht, sollte bitte zuerst einen Blick auf meinen Kommentar vom 2. April 2016 weiter oben werfen.
Selbst wenn solche Kiemen technisch machbar wären, was sie nicht sind, wäre der reine Sauerstoff den sie an den Taucher abgeben ab einer Tiefe von max. 10m für den menschlichen Organismen toxisch und würde zu schweren Krampfanfällen bis zum Tod führen.
Jeder Taucher lernt spätestens in der Nitrox-Ausbildung etwas zum Thema Partialdruck von Sauerstoff im Atemgemisch und weiß wie gefährlich eine zu hohe Sauerstoffkonzentration sein kann. Reinen Sauerstoff aus dem Wasser zu filtern und dann zu atmen kann man also getrost als gezielten Selbstmord bezeichnen.
Nur weil Fische reinen Sauerstoff aus dem Wasser verstoffwechseln können, können Säugetiere das noch lange nicht.
Triton wirbt wohl auch nur deswegen mit „Flachwasser-Tauchen“
Sauerstoffvergiftung ist tatsächlich ein Problem (1,6 Ppo2).
Aber wo es noch ein Problem gibt, ist dass Julian nur den Sauerstoffverbrauch gerechnet hat (notwendig um zu leben) und den Stickstoff Anteil nicht berücksichtigt hat, (79% unserem Lungenvolume). Wenn ich als Taucher reine Sauerstoff einatme, verbrauche ich nicht nur 21% sondern 100% meinem Lungenvolume, d.h. dass ich meinen Lungen voll mit sauerstoff fülle. In der Berechnung von Julian wäre 0,5 liter pro Atemzug. Ich sollte dann 2025,83 Liter wasser filtern und nicht 101,2916. Es wäre 121549,8 Liter pro Stunde.
Was auch nicht berücksichtigt würde ist der Einfluss der Wasserdruck auf den Wasservolume…..
Übrigens, Julian tolle Arbeit.
(Verzeihung für die Schreibfehler)
Etienne, was meinst du wieviel sich am Wasservolumen bei wechselnden Wasserdruck ändert. Ich meine so Pi*Daumen = 0
28.10.1964
KUNSTSTOFFE
Kiemen aus Kautschuk
„In New Yorks exklusivem Sheraton East Hotel bestaunten Gäste einen Hamster. Er saß in einem Aquarium und machte Männchen. Von Goldfischen beglotzt. Der Nager demonstrierte unter Wasser eine neue Erfindung aus den Labors von General Electric, dem größten Elektrokonzern der Welt: Der Hamster atmete, wie ein Firmen-Sprecher verkündete, durch „künstliche Kiemen“.“
Auszug aus DER SPIEGEL 44/196
Die ganze Diskussion beruht wohl auf diesem Artikel. Ich weiß natürlich, dass es so ein Tauchgerät für Menschen nicht gibt. In der US Patentschrift heißt es auch ausdrücklich: „Für Tiere“.
Das Gesetz der erodynamik sagt auch das eine biene nicht fliegen kann und trotzdem fliegt sie .
Und was sagt ihr jetzt? Kann doch alles möglich sein/werden !?!
Das Hummel-Paradoxon hält sich seit Jahren, ist aber wissenschaftlich Schnee von vorgestern. 🙂
http://www.spektrum.de/frage/sind-hummeln-wirklich-zu-dick-zum-fliegen/1335685
Was ich hier sage ist: Auf Basis heutiger Technologie ist es einfach nicht möglich, da…
A) Wasser zu wenig gebundenen Sauerstoff hat, um diesen per Filterung zu gewinnen.
B) Elektrolyse zu energieaufwändig ist, um sie auf so kleiner Fläche (Batteriegrösse) realisieren zu können.
In vielen Jahren mag das anders sein.
War auch zuerst überwältigt von dem Gerät…
Wäre zum Angeln für Futterplätze optimal gewesen.
Dank deiner Berechnung hab ich mir mein Geld gespart.
Vielen Dank