In der Woche vor dem Hamburg Marathon sitze ich mit einigen Läufern in einer Bar. Lautstark diskutieren wir über die gesundheitlichen Folgen von Leistungssport; positive wie negative. Wir unterhalten uns schon einige Minuten und haben uns inzwischen geeinigt, dass Läufer die gesünderen Menschen sind, als wir überraschend davon unterbrochen werden, dass ein Stuhl herangerückt und ein Bier auf unserem Tisch abgestellt wird. „Läufer sind vor allem eines: unvernünftig und dämlich!“, verkündet der Fremde. Ein provokanter Auftritt.
Sven ist Ende 30, niedergelassener Allgemein- und Sportmediziner und Triathlet. Und ganz offensichtlich sauer! Warum erfahren wir schnell: Dieses Jahr musste er bereits einen Fall von Tetanus, letztes Jahr eine FSME-Erkrankungen und Masern behandeln. Allen Fällen ist eines gemein: Jeder Patient war Sportler und jede Erkrankung wäre zu verhindern gewesen. Doch die Impffaulheit greift auch unter Sportlern um sich.
LaufMotivation: Ich gebe mal bewusst den Advocatus Diaboli. Sollte man sich als Läufer wirklich impfen lassen? Sport kräftigt schließlich das Immunsystem und wenn man…
Sven: Natürlich sollten sich Läufer und alle anderen Sportler impfen lassen! Sicherlich stärkt Sport das Immunsystem, aber das macht ja nicht immun gegen Krankheiten. Wettkämpfe oder besonders harte Wettkämpfe schwächen im Anschluss das Immunsystem sogar für einige Zeit; Stichwort Open Window Effect. Eigentlich müsste jeder Läufer wissen, dass er auch krank werden kann.
Ich verstehe die Läufer nicht. Sie trainieren ihren Körper drei bis fünf Mal die Woche, essen bewusst und versuchen sich in einem gesunden Lebensstil. Aber dann lassen sie sich nicht impfen. Leistungssportler haben eine geringere Durchimpfungsrate im Vergleich zur Restbevölkerung, obwohl sie häufiger zum Arzt gehen. Wie dämlich kann man eigentlich sein?
Impfungen trainieren den Körper darin, Krankheitserreger früher zu erkennen und so schneller, aggressiver und effektiver gegen die Infektion vorzugehen, die schlimme, bleibende oder sogar tödliche Folgen haben könnte.
LaufMotivation: Naja, die medizinische Versorgung ist aber auch besser geworden und so wahrscheinlich stirbt man ja heute nicht mehr an den Krankheiten.
Sven: Reicht es denn nicht, wenn man es durch das Auftreten von impfpräventabler Erkrankungen zum Trainingsausfall und zur Rekonvaleszenz kommt und man auf Wochen am Training gehindert wird? Oder das man eine massive Beeinflussung der kommenden sportlichen Karriere riskiert oder im Extremfall sogar beendet?
An Masern stirbt vielleicht heute nur noch jeder 1.000 Patient, aber Komplikationen gibt es in über 20% der Fälle. Und selbst wer „nur“ mit einer Lungen- oder Hirnentzündung kämpft, hat plötzlich andere Sorgen als den nächsten Wettkampf.
LaufMotivation: Naja, aber muss ich deswegen wirklich gegen alles impfen?
Sven: Was heißt „alles“? Es gibt eine Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), an die man sich halten sollte: Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Masern. Aber…
LaufMotivation: … heißt das, Sportler brauchen nur die Standardimpfungen?
Sven: Das wollte ich gerade ergänzen. Läufer sollten sich zudem noch gegen Influenza impfen lassen – und FSME. Hepatitis A und B ist ebenfalls empfehlenswert, wenn man im Ausland zu Wettkämpfen antritt oder Kontaktsportler ist.
Grundsätzlich sollte man vor Reisen ins Ausland die jeweiligen Impfempfehlungen lesen.
LaufMotivation: Bei mir ist nach dem Wettkampf ja auch immer vor dem nächsten Wettkampf? Ist es eigentlich egal, wann man sich impfen lässt?
Sven: Egal ist es nicht, denn es kann durchaus zu Immunreaktionen kommen. Schwächegefühl, Muskelschmerzen oder Fiebrigkeit kommend besonders bei Lebendimpfstoffen vor… Daher sollte man mindestens 2 Wochen Abstand zu Wettkämpfen einhalten und auch damit rechnen, dass nach einer Impfung das Training in den nächsten 7 Tagen nicht mit maximaler Leistung möglich sein kann.
Es spricht aber nichts dagegen, den impfenden Arzt nach dem Impfzeitpunkt und einer passenden Impflokalisation zu fragen. Übrigens werden die Impfnebenwirkungen durch körperliche Aktivitäten nicht verschlimmert. Wer sich also fit fühlt, kann natürlich Sport treiben.
LaufMotivation: Aber dank der Herdenimmunität muss sich ja auch nicht jeder impfen lassen.
Sven: Das ist eine wirklich egoistische Einstellung und man könnte es mit dem Steuerzahlen vergleichen. Solange der Eine oder die Andere keine Steuern zahlt, bricht das System nicht zusammen. Aber wenn sich nur genug Menschen weigern… Nimmt die Anzahl der Geimpften immer weiter ab, verlieren wir die sogenannten „Herdimmunität“ und besiegt geglaubte Erkrankungen können sich wieder ausbreiten.
Oben drauf kommt, dass es Erreger gibt, die nicht oder nicht nur von Mensch zu Mensch übertragen werden. Wundstarrkrampf holt man sich am leichtesten, wenn man stürzt und der Erreger die Wunde verunreinigt. Dagegen hilft auch Herdenimmunität nichts.
LaufMotivation: Was antwortest du Menschen, die dich nach dem Risiko von Impfschäden fragen?
Sven: Meine ehrliche Meinung? Wer damit argumentiert, sollte aufhören seine „Bildung“ aus YouTube-Videos zu beziehen und sich Fachliteratur widmen. Impfen verursacht kein ADHS, Allergien sind keine Folge von Impfungen und Autismus hat keine Verbindung zu Impfungen. Ja, die Wirksamkeit von Impfungen ist belegt. Und ja, Impfstoffe werden streng kontrolliert.
Hand aufs Herz! Wer kennt denn einen Menschen mit anerkannten Impfschaden persönlich? Weniger als Einer auf einer Million Geimpften erleidet einen Impfschaden. Die Wahrscheinlichkeit, ohne den Schutz von einer impfpräventabler Krankheit heimgesucht zu werden und schwere, bleibende Schäden zu erleiden, ist mehr als 50-mal so hoch. Simple Statistik.
Leider gibt es keine vollständige Transkription des Gesprächs. Nur ein paar Notizen, die das Gedankenprotokoll stützen. Ich habe versucht das Gespräch möglichst unverfälscht wiederzugeben.
1 Kommentar
ich finde es auch unverantwortlich. Stichwort: Helikoptereltern, die denken, dass sie mit Aussetzung der bösen Impfungen etwas gutes tun.