Gerade einmal zweieinhalb Jahre ist es her, dass man an der „Ice Bucket Challenge“ nicht vorbei kam. Während es am Anfang tatsächlich noch unterhaltsam war, ging es nach drei Monaten Videobombardement wohl endgültig jedem auf den Keks, wenn sich noch immer Hinz und Kunz einen Eimer voll Eiswürfel über den Kopf gossen. Ein Erfolg war die Aktion aber trotzdem: Letztes Jahr wurde, auch dank über 100 Millionen Euro Spendengeldern, nun ein Gen gefunden, das am Ausbruch von ALS beteiligt sein soll. Damit ist man der Heilung/Therapie dieser unheilbaren und tödlich verlaufenden Nervenkrankheit einen Schritt näher, an der u.a. auch Stephen Hawking leidet.
Es folgten zahlreiche Challenges, die mehr oder weniger erfolgreich – aber oft provokant – für die verschiedensten sozialen Projekte warben. Stichwort: Pseudo-Brustkrebs-Kampagne aka #HoldACokeWithYourBoobs!
Ein dreiviertel Jahr nach ihrem Start schwappt nun auch die „22 Pushup Challenge“ nach Deutschland herüber, bei der 22 Tage lang 22 Pushups zu absolvieren sind. Diese Herausforderung hat einmal wieder einen ernsthaften Charakter, denn sie soll auf die „posttraumatische Belastungsstörung“ hinweisen, die Ursache für 22 Selbstmorde pro Tag unter amerikanischen Veteranen ist.
Ich persönlich stehe der Armee-Vergötterung, wie sie in Amerika betrieben wird, und der dazugehörigen Soldatenverehrung eher kritisch gegenüber und sehe mich selbst als Pazifisten. Und wirklich überraschen kann es nicht, dass Kriegstraumatisierte, die mit solchen Erfahrungen alleingelassen werden oder diese nicht verarbeiten können, den Freitod wählen. Wenn dieser den einziger Ausweg – aus der nie enden wollenden Konfrontation mit dem Erlebten – bietet.
Trotzdem hat es mich auf eine unerwartete Art berührt, als die neue Challenge zum Jahreswechsel nun auch in meinem Umfeld auftauchte und ich meine Nominierung von Lotta von Tri-it-Fit erhielt. Sportliche Herausforderungen sind immer reizvoll, aber in diesem Fall fühlte ich mich persönlich betroffen, denn ich wurde in meinem Leben bereits dreimal im direkten persönlichen Umfeld mit Suiziden konfrontiert. Das geht wohl auch nicht ganz spurlos an Einem selbst vorbei und man setzt sich mit dem Thema auseinander.
Somit musste ich erfahren, dass Suizid-Versuche – auch bei Jugendlichen – nicht immer „nur ein Hilfeschrei“ sind… Auch muss es bei Weitem kein schlimmes Kriegstrauma sein, das einen Menschen so sehr belastet, dass dieser die Lebenslust verliert… Mitunter scheint der Freitod der einzige Ausweg aus einem Leben zu sein, das man sich nicht gewünscht hat und das man auch nicht geschenkt haben wollte. Umso schwieriger, wenn Selbstmord ein gesellschaftliches Tabuthema ist und sich viele Menschen – aus Angst vor einem Stigma – zu spät Hilfe holen oder auch gar nicht.
Hier also Tag 1 meiner #22pushupchallenge, während der ich mir täglich vor Augen rufe, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass mein Leben mir so lebenswert erscheint!
Tag 2 der #22pushupchallenge
2 Kommentare
Hey Julian,
ja wir können wirklich froh sein, dass wir dazu nicht nur sportlich, sondern auch mental in der Lage sind! Das macht neben einigen anderen Gründe die Pushup-Challenge für mich lohnenswert.
Viel Spaß beim Weiter-Pushen!
Liebe Grüße,
Lotta
Naja, immerhin kann die Welt ein wenig darüber schmunzeln, wie ich mir noch 20 weitere Tage einen abquäle. 🙂 Hätte wohl doch nicht so lange pausieren sollen.
Aber recht hast Du!