Endlich ist der daheim – der neue Laufschuh. Tagelang hast du gegrübelt, bist mehrmals an ihm vorbei geschlichen, dann die unvermeidliche Anprobe und der Test auf dem Laufband. Nach so vielen Wochen hast du endlich deinen neuen Partner fürs Leben gefunden – ok, zumindest für die nächsten 800 bis 1.000 km. Ihr seid wie für einander gemacht, auch wenn dir kurz das Herz blutet, als du an der Kasse den Preis aufleuchten siehst. Dieser Schuh wird für dich da sein, wenn die Läufe einsam und lang sind und er wird dir nach langen, stressigen Tagen Ruhe verschaffen.
Nun wartet der Laufschuh bei dir daheim und du kannst es nicht abwarten, ihn am Wochenende direkt zu schnüren und damit einen langen Trainingslauf zu absolvieren. Doch statt einen traumhaften Zwei-Stunden-Lauf zu genießen, scheuert der Schuh schon nach 15 Minuten, von Dämpfung ist nichts zu spüren und du musst nach 30 Minuten abbrechen und nach Hause humpeln. Dort angekommen findest du unter den Laufsocken riesige Blasen und du fragst dich: „Was ist schief gelaufen?“ Im Laden und beim Test auf dem Laufband hatte der Laufschuh doch noch perfekt gesessen.
Füße an die Schuhe gewöhnen
In der ersten Woche sind Läufe mit dem neuen Schuh noch nicht zu empfehlen, du solltest stattdessen deinen Fuß (und den ganzen Bewegungsapparat) langsam an den Laufschuh gewöhnen. Ein anderes Modell (und besonders ein anderer Hersteller) bedeutet auch immer, dass der Aufbau des Schuhs sich geändert hat. Die Passform, das Fußbett und vielleicht sogar die Sprengung des neuen Laufschuhs unterscheiden sich vom bisherigen, mit dem dein Körper gut zurecht kommt; darauf stellt sich dein passiver Bewegungsapparat mit der Zeit erst ein. Diese Anpassung ist gut, doch ist es für deinen Körper nicht möglich, sich sofort an den neuen Impuls zu gewöhnen…
Die erste Gewöhnung ist am einfachsten, wenn du die neuen Schuhe in der ersten Woche in deinem Alltag trägst: Zuhause, beim Einkaufen und – wenn es deinen Chef nicht stört – im Büro. Der Fuß gewöhnt sich an das neue Fußbett und die Achillessehne bspw. an eine geringere Sprengung.
Ab der zweiten Woche sind zusätzlich erste kurze Läufe in den neuen Laufschuhen sinnvoll – aber wirklich nur kurze Läufe. Für alle Läufe über 10 Kilometer nimmst du weiterhin eingetragene Schuhe. Nach jedem Lauf in den neuen Schuhen solltest du am Folgetag eine Laufpause einlegen oder mit einem anderen Schuh laufen (generell empfiehlt es sich, pro Lauftag der Woche ein anderes Paar Laufschuhe zu haben). Gib deinem Körper die Chance, sich an die neuen Schuhe zu gewöhnen und sich anzupassen.
Zwei Wochen lang solltest du kurze Läufe mit deinen neuen Laufschuhen absolvieren. Wenn dabei nichts schmerzt, drückt oder scheuert, dann sind sie bereit für die ersten langen Läufe.
Ab Woche vier ist in den neuen Schuhen alles möglich: Sprints, Tempodauerläufe oder auch Long Slow Distance Running (LSD). Hast du jetzt beim Laufen in den neuen Schuhen Schmerzen oder andere Probleme, dann hast du die Wahl:
- Du lässt dir noch mehr Zeit und trägst die Laufschuhe noch etwas länger im Alltag, damit dein Körper sich daran gewöhnt.
- Du gibst die Laufschuhe zurück. Laufschuhfachgeschäfte geben häufig eine Zufriedenheitsgarantie von einem Monat! Sprich bei der Gelegenheit noch einmal mit dem Laufschuhberater und erklär deine Beschwerden; oftmals kann er erklären, woran es liegt. So wäre es möglich, dass der Schuh für dein Abrollverhalten zu viel oder zu wenig Pronationsstütze bietet.
Deshalb müsst du Schuhe einlaufen
Auch wenn sich ein Laufschuh nicht so stark anpasst und ändert wie ein Lederschuh, muss dieser trotzdem noch eingetragen werden. Das verwendete Obermaterial ist darauf ausgelegt, beweglich zu sein, erreicht diese Flexibilität mitunter aber erst nach einigen Läufen. So ist es möglich, dass er zu Beginn noch scheuert und daher wunde Stellen und Blasen verursacht. Erst durchs Tragen wird der Stoff weicher und die engen Stellen werden noch etwas weiter.
Besteht die Mittelsohle aus EVA-Schaum oder einem ähnlichen Material, ist die Dämpfung anfangs noch etwas steif, der Auftritt fühlt sich ungewohnt hart an. Wie schnell die Schuhe ihre optimale Dämpfung erreichen, hängt vom Material ab: Bis zu 50 Kilometer brauchen beispielsweise meine Mizuno Laufschuhe, bis die integrierte Wave-Platte ihren Flex entwickelt, davor ist sie noch sehr unnachgiebig.
Fabrikneu ist außerdem die Untersohle noch zu glatt und wird erst durch Läufe angeraut, so dass diese den richtigen Grip bekommt.
Zusammenfassung
- Nicht direkt mit langen Läufen starten
- Eine Woche im Alltag (zu Hause/Büro) tragen
- Ab zweiter Woche kurze Läufe mit den neuen Laufschuhen
- Ab vierter Woche lange Läufe möglich, wenn die Schuhe nicht drücken / scheuern
- Unterschiedliche Laufschuhe benutzen
Auch wenn es klar sein sollte, noch einmal der wichtigste Tipp: Neue Schuhe sind vor dem Einlaufen nicht wettkampftauglich. Egal wie gerne du mit deinen neuen Tretern starten willst… Wenn du einen Halbmarathon oder Marathon damit laufen wirst, dann geht das ziemlich sicher in die Hose!