Perfektes Laufwetter heißt für mich: Bewölkt, um die 10°C und leichter Wind. Zumindest wenn ich schnell laufen möchte. Dann ist das, was andere als „schönes Wetter“ bezeichnen, für sportliche Leistungen echtes Gift! Für mich – und viele andere – bedeutet das Laufen (insbesondere in Wettkämpfen) nicht nur einen Kampf gegen den eigenen Kopf sondern vor allem gegen das stetige Ansteigen der Körpertemperatur.
Warum belastet uns Hitze so?
Ursache und Wirkung: Ein großer Anteil, der beim Laufen umgesetzten Energie, wird als Wärme freigesetzt: Etwa 80%! Somit entsteht im einer Stunde Laufsport theoretisch genug Wärme, um die Körpertemperatur um fast 10 Grad zu erhöhen! Um dies zu verhindern, wird überschüssige Wärme über die Atmung und die Haut abgegeben. Unterstützend beginnt der Körper zu schwitzen und gibt über die zwei bis vier Millionen Schweissdrüsen kleine Salzwassertröpfchen ab, deren Verdunsten auf der Hautoberfläche für zusätzliche Kühlung sorgt. Wenn die Aussentemperaturen – wie in den letzten Tagen – auf 30° und mehr steigen, kommt die körpereigene Kühlung jedoch irgendwann an ihre Grenzen.
Kann der Körper die Wärme nicht schnell genug abgeben, heizt er auf. Das Blut wird vermehrt durch die Haut geführt, um dort besser Wärme abführen zu können. Damit fehlt es im Verdauungstrackt, wodurch die Wasseraufnahme verschlechtert wird, und in der Muskulatur, die ebenfalls Blut für die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung fordert. Um Kühlung und Muskelfunktion aufrechterhalten zu können, muss das Herz umso kräftiger schlagen; der Pulsschlag steigt – auch weil das Blut durch den Flüssigkeitsverlust des Schwitzens immer dicker wird.
Die kühlende Wirkung einer Dusche
Einen der schlimmsten Hitzeläufe hatte ich 2016 beim Paris-Marathon. Bei Temperaturen über 25°, Windstille und ohne Schatten stieg auch meine eigene Körpertemperatur an und erreichte fiebrige Höhen, trotz ausreichendem Trinken. Gleichzeitig stieg meine Herzfrequenz auf ungeahnte Höhen – für die eigentlich geringe Pace. Nach etwas 12 km stand die Feuerwehr glücklicherweise mit C-Rohren am Straßenrand und kühlte die Läufer – auch mich – herunter. Weitere „Duschstationen“ folgen dann etwa im 5km Abstand.
Die Auswirkungen überraschten mich: Kurz nach der Abkühlung sank der Puls jedes Mal um 5-10 Schläge. Ich änderte meine Strategie für den restlichen Lauf: An den Verpflegungsstationen, an denen jeweils nur eine einzelne Wasserflasche offiziell ausgegeben wurde, griff ich mir unter den bösen Blicken der Helfer immer zwei Flaschen, trank eine halbe und goss mir eineinhalb über den Körper. Das machte den Rest der Strecke erträglicher.
Neugierig beobachtete ich in den nächsten Wochen dieses Phänomen verstärkt bei Wettkämpfen. Selbst Profis, egal ob Läufer, Radfahrer oder Triathleten, schienen weit mehr Wasser über den Körper zu kippen, als zu trinken.
Der Lösung auf der Spur
Die Frage ließ mich nicht mehr los: Was kühlt nun besser? Wasser trinken oder als Dusche missbrauchen?
Eine aktuelle Studie von Nathan B. Morrisa & Ollie Jayb in der Temperature, 2016, Vol. 3, No. 2 nähert sich dieser Frage wissenschaftlich und vergleicht verschiedene Strategien zur Abkühlung:
- Eiskaltes Wasser trinken
- Slushies (50% Wasser, 50% Crushed Ice) trinken
- Wasser über den Körper gießen
Es überrascht dabei wohl nicht, dass Slushies dem Körper mehr ungeliebte Wärme entziehen als reines Wasser (bei dem Übergang des Aggregatzustands „Eis“ in „Wasser“ wird zusätzliche Energie aus der wärmeren Umgebung entzogen). Beide Kühlungen bleiben aber hinter der Wirkung zurück, die das Wasser auf der Hautoberfläche durch Verdunsten erzeugte:
Assuming a core body temperature of 38°C, drinking one glass (250 ml) of 1°C water would result in a net heat loss of 39 kJ. Whereas if the contents of that glass were changed to half-water and half-ice, the potential for heat loss would more than double to 81 kJ. However, if we could somehow spread that 250 ml of water across our skin surface so that it all evaporated, the resultant heat loss would be a whopping 607 kJ. One caveat is that, while it is relatively easy to ingest water without spilling it, ensuring 250 ml of water is distributed across the skin in a way that it all evaporates is much more difficult. However, it is important to keep in mind that if just 15% of that water evaporates from the skin, the heat loss would still be greater than ingesting the entire 250 ml ice slurry.
Aus dem Artikel „To drink or to pour: How should athletes use water to cool themselves?“ erschienen in „Temperature, 2016/05/04“
Ein 250ml Glas mit 1°C kaltes Wasser entzieht dem Körper somit 39 Kilojoule bzw. 9,3 kcal (das entspricht dem Brennwert von einem Gramm Fett), die gleiche Menge Slushie entzieht schon 81 kJ Wärme, während die Verdunstung der Wassermenge eine beeindruckende Kühlwirkung von 607 kJ aufweist! Selbst wenn man nur einen Bruchteil des Wassers erfolgreich über den Körper gegossen bekommt (rechnerisch können 85% daneben gehen), ist die Methode der „Minidusche“ den Alternativen noch überlegen.
Allerdings setzt Verdunstung eine geringe Luftfeuchtigkeit voraus und wird durch Wind begünstigt; an schwülen Tagen mit stehender Luft ließe sich kaum Kühlung erzeugen, sondern nur die – ohnehin schon schweißnasse – Kleidung weiter durchnässen.
Fazit
Was hilft nun am besten bei Sport während hohen Temperaturen? Es ist eine strategische Mischung aus Wasser über den Körper gießen und Trinken.
Die Studie geht nämlich nicht auf den Punkt ein, dass beim natürlichen Kühlprozess des Körpers – dem Schwitzen – Flüssigkeit verloren geht, die ersetzt werden sollte, um der Blutverdickung entgegenzuwirken. Am besten geht das mit isotonischen Getränken aber auch mit Wasser. Mehr als 500-600 Milliliter pro Stunde kann der Körper allerdings in Wettkampfsituationen nicht aufnehmen. Das entspricht etwa einem Wasserbecher alle 20 Minuten.
Wer also beim nächsten Wettkampf eine Verpflegungsstation ansteuert, der sollte bei der Gelegenheit gleich zwei Becher greifen. Einen zum Trinken und einen zusätzlichen, der für die Kühlung über den Körper gegossen wird.